Energieeffizienz mit Kraft-Wärme-Kopplung und Fernwärme im Wandel der Zeit

„Wer weit zurückblicken kann, kann auch weit nach vorne schauen“ 
soll einmal der englische Staatsmann Winston Churchill gesagt haben.

Der Austausch von Erfahrungen und Erkenntnissen, um aus diesen zu lernen, ist ein Grundbedürfnis, ja eine zwingende Notwendigkeit zur Weiterentwicklung. Dies gilt umso mehr, je größer die Verantwortung und die Tragweite der Entscheidung ist. Es gilt in unserer heutigen Zeit auch und vor allem für uns aus der Versorgungswirtschaft.

Die Anfänge der öffentlichen Fernwärmeversorgung reichen zurück bis zum Jahre 1876 und wurden in Amerika entwickelt. So kam 1876, also noch vor der ersten öffentlichen Stromversorgung in New York, dem Amerikaner Holly aus Lockport (USA) die Idee, vom Schuppen seines Grundstückes aus sein Wohnhaus und kurze Zeit später auch das Haus seines Nachbarn „fernzuheizen“. Der Versuch funktionierte, und Mr. Holly ließ sich die Idee patentieren. Es dauerte auch gar nicht lange, so hatten sich die Bequemlichkeit, Feuersicherheit, Sauberkeit aber auch die Wirtschaftlichkeit gegenüber den damaligen Einzelfeuerstellen herumgesprochen, und schon nach einem Jahr wurde eine größere Anzahl von Wohn- und Geschäftsräumen vom "Holly-Heizwerk" - Leitungslänge: 5 km - aus mit „fernversorgt“.

Was lag näher, als eine Gesellschaft zum Bau von Fernheizwerken zu gründen, die "HollySteam Combination Ltd.". In den Jahren 1879 bis 1889 wurden bereits Lizenzen für den öffentlichen Fernheizbetrieb in New York erteilt. Für den Weitblick Mr. Hollys spricht, dass er bereits 1880 ein weiteres Patent auf kombinierten Kraftheizbetrieb mit Zumischung von reduziertem Frischdampf anmeldete. Die erste solche Anlage entstand 1889.

Ebenfalls in den 70er Jahren des 19. Jh. begann die Entwicklung der ersten größeren Fernheizungen zur Eigenversorgung in Deutschland. Ausgangspunkt waren vor allem die Krankenanstalten, wie z. B. in Andernach, Beelitz, Bonn und Düsseldorf, die aus hygienischen Gründen keine Einzelfeuerstätten in den Krankenzimmern haben wollten. Aber auch die Blockstationen von Industrieunternehmen waren, wie z. B. 1893 in Kiel, Ausgangspunkt zu ersten Fernwärmeversorgungen an benachbarte Wohngebäude.

Aus dem 1888 in Hamburg errichteten ersten Elektrizitätswerk in der Poststraße belieferte man 1893 als einzigen Abnehmer das neu erbaute Rathaus mit Wärme. Auch hier wollte man aus sicherheitstechnischen Gründen keine Feuerstelle im Gebäude. Die erste öffentliche Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage Deutschlands war damit entstanden und eine Idee nahm ihren Lauf.

Der Anfang der deutschen „Städteheizung“ – so wurde unsere Versorgungsart zu Beginn bezeichnet - nahm mit der Inbetriebnahme des staatlichen "Fernheiz- und Elektrizitätswerks Packhofstraße" am 15. Dezember 1900 seinen Anfang. Waren bis zu diesem Zeitpunkt überwiegend die Fernheizwerke zur Versorgung einzelner Gebäude eingesetzt, so wurden in Dresden erstmalig aus einem zentralen Heiz- und Kraftwerk 14 Gebäude – wie die Hofkirche oder die Semperoper- mit Wärme und 23 Gebäude mit Elektrizität eines Stadtgebietes zentral versorgt. Bauliche Erwägungen wie Architektur und Feuersicherheit bei ausreichender Wirtschaftlichkeit waren die Gründe, diesen Entschluss zu fassen.

Bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges reihten sich München (1901), Karlsruhe (1906), Kiel (1907), Leipzig (1912) und Berlin (1912) als weitere fernwärmeversorgte Städte ein. Durch - 3 - den Ersten Weltkrieg und die herrschende Mangelwirtschaft stagnierte allerdings die Entwicklung.

Nach 1920 setzte erstmals eine sprunghafte Entwicklung ein. Durch die rasante Verteuerung und den Mangel an Brennstoffen -Ursache war die Ruhrbesetzung durch Belgien und Frankreich und dem darauffolgenden Generalstreik - war Wärme für ein Großteil der städtischen Bevölkerung ein nicht mehr vorhandenes Gut.

Man erinnerte man sich wieder an die rationelle Ausnutzung des Brennstoffes innerhalb eines Kraft-Wärme-Kopplungsprozesses. Als Konsequenz wurden in den 20er und 30er Jahren die bestehenden Systeme in großem Umfang erweitert und neue Städteheizungen aufgebaut.

Mit der zunehmenden Entwicklung der Städteheizung, der Auskopplung der Wärme aus bestehenden Elektrizitätswerken kam es zu steigenden Kontroversen innerhalb der Unternehmen. Die "Krise der Fernheizung" Ende der 20er/Anfang der 30er Jahre aufgrund der unterschiedlichen Entwicklung des Strom- und Heizbedarfes während des Tagesverlaufs. Themen die uns übrigens heute noch stark beschäftigen wurde unter anderem durch den verstärkten Bau von zentralen Heißwasserspeichern (meist als Ruth-Speicher) gelöst.

Übrigens 1932 schlossen sich erstmalig die öffentlichen Fernheizwerker zu einem gemeinsamen Erfahrungsaustausch zusammen. Dem Vorläufer des heutigen AGFW. Die Zerstörungen während des Zweiten Weltkrieges machten auch vor der Fernwärmeversorgung nicht halt. Zum Ende des Krieges war die gesamte deutsche Heizkraftwirtschaft und Fernwärmeversorgung zusammengebrochen.

Das Wirtschaftswunder im Westen und der Wiederaufbau im Osten bescherte auch der Fernwärmeversorgung einen enormen Aufschwung. Eine Vielzahl von Städten - wie hier in Duisburg - entschied sich hauptsächlich in den 50er und 60er Jahren zum Aufbau einer eigenen Städteheizung. Vor allem die Umweltvorteile gegenüber den Einzelfeuerungsanlagen - Stichwort saubere Luft“ waren ausschlaggebende Gründe. Jährliche zweistellige Zuwachsraten des Anschlusswertes waren die Regel. Die Wärmenetzeinspeisung wuchs dabei zwischen 1950 von 10 PJ/a bis 1970 um das 11-fache auf 110 PJ/a.

Anfang der 70er Jahre drängten immer mehr Fernwärmeversorger auf die Gründung eines eigenständigen Fachverbandes. Man konnte so die Interessen, die nicht im Mittelpunkt der Strom und Gasinteressen standen wirkungsvoll in der Politik und Öffentlichkeit vertreten. 1971 wurde unser AGFW in Bad Pyrmont gegründet. Die Unternehmen der 47 Gründungsmitglieder lieferten bereits damals rund 75% der gesamten Fernwärmeabgabe in der Bundesrepublik Deutschland.

Einer der wohl einschneidendsten und mit den Auswirkungen bis heute noch nachhaltig spürbaren Tage für die Energieversorgung im letzten Jahrhundert war wohl der 6. Oktober 1973. An diesem Tag griffen Ägypten und Syrien Israel an. Am 17. Oktober, noch während des so genannten Jom Kippur-Krieges, drosselten die arabischen Länder ihre Rohölproduktion. Öl als Rohstoff wurde somit weltweit zur politischen Waffe.

Der Ölpreis wurde innerhalb kürzester Zeit um über 200 % erhöht. In den Industrienationen wirkten die Lieferbeschränkungen und Preiserhöhungen wie ein Schock und zeigten gleichzeitig die Abhängigkeit "großer" Volkswirtschaften schonungslos auf. Man suchte nach Alternativen. Und man fand diese. Insbesondere der öffentliche Versorgungsbereich bot sich an, die strategische Weichenstellungen zur Verringerung der Abhängigkeiten von ausländischen Rohstoffen umfassend umzusetzen. Ein mehr an Energieeffizienz mit heimischen Energierohstoffen eingesetzt in KWK-Anlagen mit Fernwärmesystemen waren eine wesentliche Lösung für den Wärmemarkt. So wurde Erdgas in der Fläche und die Fernwärme mit ihren Möglichkeiten zum Einsatz der heimischen Steinkohle in den Städten zu einer zentralen Option. Die zweite Ölpreiskrise von 1978 bestätigte dies nachhaltig.

Auch für die damalige DDR waren in dieser Zeit die importierten Mengen an Rohöl nicht mehr bezahlbar. Gleichzeitig mit einem ein umfangreiches Wohnungsbauprogramm wurde in den 70er und 80er Jahren die Fernwärme der Hauptwärmelieferant der Städte. Nach dem Fall der Mauer und 41 Jahre nach der deutschen Teilung waren am 3. Oktober 1990 beide deutsche Staaten wieder vereint. Dies bedeutete auch für die deutsche Fernwärmebranche einen enormen Aufschwung und gleichzeitig eine ihrer größten Herausforderungen.

So war die erste Hälfte dieser Fernwärmejahrzehnts geprägt von dem Sanierungsbedarf der Fernwärme-Systeme und der Steigerung der Energieeffizienz in Ostdeutschland. Die zweite große Herausforderung für den Wirtschaftszweig war seit Ende der neunziger Jahre die Liberalisierung der Energiemärkte. Im Zuge der Gestaltung der europäischen Union sind offene Märkte und gleichberechtigter Marktzugang auch zu wesentlichen Bestandteilen der nationalen Energiepolitik geworden. Mit der Neuregelung des Energiewirtschaftsgesetzes 1998 wurde im die Aufhebung der Gebietsmonopole beschlossen und der freie Netzzugang zur Lieferung an den Endkunden interessierten Anbietern ermöglicht.

Allerdings hat der sofortige freie Wettbewerb ohne Übergangsfristen und Regelungen zu erheblichen Veränderungen innerhalb der Energiebranche geführt. Vor allem Betreiber mit KWK-Anlagen und kleinere Versorger standen aufgrund bestehender betriebswirtschaftlicher Zusammenhänge vor teilweise großen Problemen. Verbundinteressen auf der Stromseite trafen dabei wieder auf die Interessen der kommunalen Unternehmen. Dennoch der Wandel zum modernen Energiedienstleister mit einem vielfältigen Angebot ist uns mit viel Fleiß und Kreativität geglückt. Darauf können wir Stolz sein. Klimawandel, langfristig steigende Öl- und Gaspreise sowie immer größer werdende Abhängigkeiten bei der Primärenergieversorgung zwingen Politik, Unternehmen und Verbraucher zum immer stärker zum Umdenken. Energieeinsparung, Energieeffizienz und regenerative Energien stehen von nun an im Mittelpunkt der Energiediskussion und der politischen Zielsetzung. Nah- und Fernwärmesysteme, KWK und Kälteversorgung gelten von nun an als wesentliche strategische Option der Energieversorgung in Deutschland.

Unser AGFW vertritt dabei die Position der Branche. Mit der parlamentarischen Verabschiedung des ersten Teils des „Integrierten Energie- und Klimaprogramms" der Bundesregierung im Sommer 2008 wurden erste weitreichende Eckpunkte verankert. Es sind dies im wesentlichen das KWK-Gesetz, das Erneuerbare Energien-Gesetz EEG und das Erneuerbaren-Energien-Wärmegesetz. Weitere Gesetze, Verordnungen und Marktanreizprogramme unterstützen die positive Entwicklung. - 5 - „Energieeffizienz“ „Klimawandel“ „Ressourcenverknappung“ „Versorgungssicherheit“ „Energiekosten“ sind auch die aktuellen Themen in der öffentlichen Diskussion. Sie werden heute wieder intensiver und von größerer Breite in der Bevölkerung wahrgenommen als in den letzten Jahrzehnten. Wir müssen uns dem Stellen und dies fördern.

Mit unserer Markenkampagne sind wir auf einem guten Wege. Mit den Städten in einem engen Austausch. Denn für die Städteplanungen lag seit den 80er Jahren der Schwerpunkt der Auseinandersetzung mit diesen Themen überwiegend in der energetischen Optimierung von Wohngebäuden - insbesondere der energetischen Qualität der Gebäudehülle, der Effizienz der Haustechnik und dem örtlichen Einsatz regenerativer Energiequellen. Dies verändert sich nun. In der gegenwärtigen Diskussion verschiebt sich der Betrachtungsausschnitt zunehmend auf den nächsten höheren Maßstab, hin zur Energieeffizienz der Stadtteile und des Gesamtsystems Stadt. Die kompaktere Stadt wird wieder modern und attraktiv. Dadurch energieeffizienter und kostengünstiger für alle Beteiligte. Denn die Grundversorgung muss auch weiterhin bezahlbar bleiben, Demografische Entwicklungen zwingen uns zum Umdenken. Flexible und innovative Systeme werden an Bedeutung gewinnen. Das Gesamtsystem Stadt und darin wesentlich die Energieeffizienz der Stadtquartiere stehen nun Mittelpunkt der Betrachtung der Kommunen. KWK und Nah- Fernwärme sind darin eine der wesentlichen Optionen.

Große Potentiale zur Steigerung der gesamtstädtischen Energieeffizienz werden in hoch entwickelten Kraftwerkstechnologien aller Größenklassen und Einsatzgebiete gesehen. Gerade Kraft-Wärme-(Kälte)-Kopplungs Anlagen (KWKK) sind dabei ein wesentlicher energetischer Baustein im energieeffizienten Stadtsystem, ja bis hin zur energieeffizienten Stadt. . Der geförderte Einsatz regenerativer Energien bedeutet gleichermaßen einen Ausbau von Nah- und Fernwärmesystemen.